Montag, 7. Mai 2012

Bühne frei




Alex bei einem seiner Auftritte in Kiel


Die letzten Menschen bewegen sich nun langsam zu ihren Sitzen. Zigarette aus, Gehirn an. Dicht an dicht stehen die Stühle nebeneinander, man kann das Parfum des Nachbars riechen: Jean Paul Gaultier. Die Gespräche werden eingestellt und das Licht weicht für wohlige Dunkelheit. Scheinwerfer an.



Poetry what?!

"Ich begrüße alle Gäste, die heute Abend entweder mit der Bahn angereist sind oder mit dem Bus ein paar Haltestellen fahren mussten." Der Moderator legt sich ins Zeug. "Alle, die noch nie auf einem Poetry Slam waren, Hände hoch. Ach ja, doch recht viele. Dann erkläre ich den Nichtwissenden kurz das Prinzip: Beim Poetry Slam geht es um eigens geschriebene Texte, um den Auftritt und natürlich sollte man es schaffen, die Menschen zu berühren. Es dürfen keine Hilfsmittel wie Instrumente oder Gesang verwendet werden." Ein paar verdutzte Gesichter sind noch zu sehen. Da kommt schon der erste Kandidat des Abends - ein undankbarer Job - auf die Bühne.


Reisen und Berlin-Kreuzberg

Alex Burkhard ist aufgeregt. Trotz seiner vielen Auftritte - die Nervosität kommt immer kurz vor dem Auftritt zurück. Doch Stimme und Puls beruhigen sich, als er die ersten Worte ins Mikrofon sagt...Alex, der 2007 am Gymnasium in Lindenberg im Allgäu seinen ersten Auftritt hatte, ist quasi schon ein alter Hase in der Slammer-Szene. "Wenn's hoch kommt, habe ich schon mehr als 80 Texte geschrieben, auf der Bühne lesen tue ich jedoch nur ein Bruchteil davon, bis sie anfangen, mich zu nerven." Und die Texte kommen beim Publikum an: So war Alex Berlin-Kreuzberg Meister und reist mit seiner Poesie durch ganz Deutschland. Lüneburg habe ihm am besten gefallen, das Publikum sei kritisch gewesen und die Stadt sehr schön. Dennoch kann das Reisen einsam machen. Oft wacht Alex in einer anderen Stadt auf, Wurzeln zu schlagen ist da nicht immer einfach.


München München

Kleine, gedeihende Wurzeln hat er schon in München schlagen können. In seiner Wahlheimat moderiert er zusammen mit Pierre Jarawan die Veranstaltung Stadt-Land-Fluss im Rationaltheater. Jeden letzten Mittwoch des Monats kann das Publikum - wenn es möchte - sein Wissen gegen Pierre und Alex unter Beweis stellen. Dort können gerne Rubriken wie Z-Promis oder Porno-Titel entstehen. Etwas weiter, in Münchens beschaulichem Westend, hat er ebenfalls seine Finger im Spiel: Als Stammleser bei der Veranstaltung Westend ist Kiez ist er seit 2009 dabei. Woher kommt dabei die Inspiration für die ganzen Texte, gehen einem nicht auch mal die Ideen aus? Seine Inspiration, sagt Alex, komme durch keinen bestimmten Auslöser. Im Kopf wird noch ein paar Wochen daran gefeilt und am Ende sei von der Grundidee kaum noch etwas übrig. Macht nichts.


Der Kopf denkt weiter

Lautes Klatschen ist zu hören. Erleichterung macht sich bei Alex breit. Zu wissen, dass sein Text Menschen berühren und gleichzeitig unterhalten kann, ist ein unbezahlbares Gefühl. Ein Suchtgefühl. Eigentlich kann er sich entspannt hinsetzen und seinen Kollegen zuhören. Man sieht jedoch, wie sein Kopf immer noch rumort, sich nicht entspannen kann. Da steht es ihm im Weg, sein Streben nach Perfektion. Vielleicht das einzige "Laster" von Alex B. Die Lichter gehen aus, das Scheinwerferlicht an. Geniessen.




"Westend ist Kiez", nächster Termin am 02.06.2012 um 20 Uhr im Stragula

"Stadt-Land-Fluss", nächster Termin am 30.05.2012 um 19.30 Uhr im Rationaltheater

1 Kommentar:

  1. Bisher war ich kein Fan von Poetry Slams aber ich glaube ich muss mir eine neue Meinung davon bilden. Klingt wirklich super! Vielleicht sehen wir uns am 02.06...

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